MohnblütenVesna Ivkovic

Titanic

(Dieser Text ist in etwas veränderter Form Teil des Artikels "Venus und Mars als Filmpaar", der in der astrologischen Fachzeitschrift Meridian erschienen ist.)

 

Liebe als Befreiung

Das tragische Ende dieser großen Liebesgeschichte ist weniger dramatischen Spannungen zwischen den beiden Liebenden geschuldet als den Umständen, denen sie ausgesetzt werden. Und doch geht es in James Camerons "Titanic" (1997), der spektakulärsten Lovestory der Neunziger, nicht so sehr um den Untergang eines "Traumschiffs", um eine der größten Schiffs-Katastrophen des 20. Jahrhunderts, sondern um das Thema der erlösenden und befreienden Liebe.

Individuen in Beziehung

Rose DeWitt Bukater (eine vor gefesselter Lebenslust förmlich berstende Kate Winslet) als Verkörperung einer feurig-abenteuerlustigen und mutigen Schütze-Venus, die weltoffen Geist, Kunst und Freiheit zu entdecken sich aufmacht und dabei gegen ihre Rollen als wohlerzogene, gehorsame Tochter und zukünftige Ehefrau rebellieren muss, trifft auf den unabhängigen, humorvollen, aus dem gesellschaftlich akzeptablen Rahmen fallenden Lebenskünstler und Wassermann-Mars Jack Dawson (Leonardo Di Caprio, der hier überraschenderweise trotz aller Jungenhaftigkeit bereits Reife zeigt).

Als Paar entsprechen diese beiden individualistischen und eigenwilligen Menschen nicht unbedingt dem gewohnt gefühlsbetonten, romantischen Liebesideal (das an den Qualitäten der drei Wasserzeichen orientiert ist): sie (ge-) brauchen einander nicht, um sich selbst zu bespiegeln bzw. sich „das Andere“ einzuverleiben (Skorpion), ihre Individualitäten lösen sich auch keineswegs ineinander auf (Fische), sie gehen keinerlei Bedürfnisse befriedigende Symbiose ein (Krebs), sondern bleiben Einzelpersonen, die durch ihr liebevolles Interesse an der/dem Anderen verbunden sind.

Freundschaftlich, unterstützend, liebevoll...

Anders als das herausfordernde, spannungsreiche Quadrat, in dem der Andere als Provokation erlebt wird, weil er das Eigene in Frage stellt und daher mit Leidenschaft und dem Bedürfnis nach Einverleibung verfolgt wird, anders auch als die Opposition, die zwei Seiten eines Themas auf zwei Figuren aufteilt, die nun einen Ausgleich, eine Art Gleichgewicht finden müssen, zeigt das Sextil ein Paar, das sich freundschaftlich und unterstützend zugetan ist. Der Mangel an (leidenschaftlich-heftigen) dramatischen Gefühlen füreinander wird in „Titanic“ durch die außerordentlich dramatischen Ereignisse, denen das Paar ausgesetzt wird, kompensiert.

Diese beiden Liebenden sind kaum je nur miteinander bzw. mit ihrem Verhältnis zueinander beschäftigt, sie träumen nicht von einem Rückzug in die Zweisamkeit, sondern davon, gemeinsam Bier trinken und Achterbahn fahren zu gehen, also einfach Spaß miteinander zu haben – schon das deutet eher auf eine von gegenseitigem Respekt und liebevoller Freundschaft getragene Beziehung hin.

Es passt dazu auch, dass der Sex (oft ein machtvolles Mittel der Inbesitznahme und Symptom eines gewissermaßen „kannibalischen“ Interesses aneinander) zwischen ihnen nur marginal (was deutlich wird in der Szene, als Jack Rose zeichnet) und schließlich völlig frei von den gewohnten geschlechterrollentypischen Dualitäten von Eroberung und Hingabe ist. Eher scheinen Roses Abenteuerlust wie auch ihr Bedürfnis nach Überschreitung der so lange befolgten Konventionen und die augenblickliche emotionale Nähe zwischen den Liebenden zum Sex zu führen als ein originäres sexuelles Verlangen.

 

© Copyright 2009 Vesna Ivković

 



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