MohnblütenVesna Ivkovic

Vom Winde verweht

(Dieser Text ist in etwas veränderter Form Teil des Artikels "Venus und Mars als Filmpaar", der in der astrologischen Fachzeitschrift Meridian erschienen ist.)

 

Leidenschaften vor dramatischer Kulisse

Auch in Victor Flemings berühmtem Südstaaten-Epos „Vom Winde verweht“ (1939) spielen historische Gegebenheiten – d.h. die überpersönlichen Planeten – eine wichtige Rolle für die Entwicklung der Liebesgeschichte. Und doch sind die bedeutenden gesellschaftlichen Umwälzungen zur Zeit des amerikanischen Bürgerkriegs letztlich nur Hintergrund – oder auch illustrierende Allegorie – für das emotionale Drama der Leidenschaften. Vor der von Pluto und Uranus dominierten Kulisse entfaltet sich das ebenso spannungs- wie leidvolle Katz-und-Maus-Spiel einer gefallsüchtigen, verwöhnten und überaus egozentrischen Löwe-Venus und eines furchtlosen, geheimnisvollen und eigenwilligen Skorpion-Mars.


Unbeschwertheit versus Tiefe - Löwe und Skorpion

So fühlt sich die junge, noch geradezu kindisch um Bewunderung und Publikum heischende Scarlett O'Hara (schön, stolz und kapriziös: Vivien Leigh) zwar geschmeichelt von der eindeutigen Aufmerksamkeit, die ihr der alle Grenzen der Schicklichkeit übertretende und von ihrer feurigen, lebenshungrigen Energie beeindruckte, undurchsichtige Geschäftsmann Rhett Butler (Clark Gable gibt diesen mit der ihm eigenen lässigen und doch intensiven körperlichen Präsenz) seit ihrer ersten Begegnung entgegenbringt.

Er als Skorpion-Mars weiß sofort, was er will, und auch wenn er es nicht immer zeigt, so sehen wir im Verlauf der Story, dass er seiner Leidenschaft mit einer bemerkenswerten Zähigkeit und Ausdauer folgt. Doch seinem Verlangen nach ihrer absoluten Hingabe kann und will die Bewunderung gewohnte, stolze Schöne nicht nachgeben – als Löwe-Venus ist ihr die Tiefe des Gefühls und der Leidenschaft, die der Skorpion-Mars empfindet und auch fordert nicht nur völlig fremd, sie erscheinen ihr auch viel zu dunkel, zu wenig strahlend und schon deshalb kaum erstrebenswert.


Zwischen Bewunderung und Manipulation

Wo es dem Zeichen Löwe um Lebensfreude, den Ausdruck des Selbst und spielerische Gefühle (bestenfalls) gegenseitiger Bewunderung geht, beharrt Skorpion mit abgründiger Leidenschaft auf der bis auf den (Seelen-) Grund reichenden absoluten Hingabe in der Verbindung und scheut auch nicht vor den damit einhergehenden Abhängigkeits- und Machtgefühlen zurück.

So weiß Scarlett mit diesem geheimnisvollen Verehrer zunächst nicht viel anzufangen, der immer wieder unvermittelt auftaucht, wenn sie Abwechslung oder Hilfe braucht und – ganz nach skorpionischer Art, Macht zu gewinnen und zu manipulieren, aber auch mit der Fähigkeit, tief in einen anderen hineinblicken zu können – immer genau zu wissen scheint, was ihr gerade fehlt und wie er sie erfreuen oder auch provozieren kann.


Der Traum vom Erhabenen und die Realität der Gefühle

Sie ist außerdem in ihrem Traum von einer idealen Liebe zu Ashley, einer kultivierten, wenig lebenstüchtigen Neptun-Figur mit schmalen Händen und ätherischer Künstler-Seele (ein Waage-Neptun) gefangen – bis zum Schluss ist sie nicht in der Lage zu sehen, dass dieser Mann unfähig und ungeeignet ist, die materialistisch-sinnliche und genusssüchtige Stier-Seite ihres Wesens zu befriedigen (es ist das Stier-, nicht das Waage-Gesicht der Venus, das uns in der Figur Scarletts begegnet, dies wird auch deutlich darin, dass es für sie letztlich um die Liebe zur Erde von Tara, ihrer Heimat, geht (1) ).

Rhetts Skorpion-Qualität zeigt sich daher auch in seinen unerwarteten Verdüsterungen und heftigen Zornesausbrüchen, wenn die hinter der lässigen Fassade verborgene Eifersucht hervorbricht, denn trotz seiner sonstigen Geduld mit Scarletts Allüren und ihrer Weigerung, „erwachsen“ (im Sinne einer Erkenntnis der – eigenen wie fremden – wenig großartigen, keineswegs immer “löwehaft-königlichen” Realitäten) zu werden, macht ihn ihr Festhalten an Ashley als Symbol ihrer untergehenden, aristokratischen und nach strahlender Größe strebenden Löwe-Welt mit ihrem Traum von Eleganz, Harmonie und Schönheit (Waage-Neptun), ungemein wütend.


Verlust und Einsamkeit auf beiden Seiten

Die Beziehung dieser beiden (scheinbar) so verschiedenen Figuren entspricht der Energie eines Quadrat-Aspekts insofern, als sie sich kaum einander verständlich machen können, eine ungeheure Provokation für einander darstellen und immer wieder heftige, dramatische und sogar tragische Konflikte austragen. Auch ein Happy-End, wie es Rick und Ilsa immerhin in der Rückeroberung ihrer Liebe finden, ist ihnen in keiner Weise vergönnt – sie lieben aneinander vorbei und bleiben am Ende beide allein zurück, er voller Bitterkeit, sie zwar erwacht aus ihrem Traum von strahlender Größe (2) , aber verlassen von dem einzigen Menschen, der sie nicht ihrer Schönheit und Stärke wegen, sondern aus einem Gefühl tiefer seelischer und sinnlicher Verbundenheit geliebt hat.

 

(1) In einer ausführlichen Analyse des Films, in der Scarletts “Heldenreise” als Gesamtkonstellation betrachtet würde, fiele ihr zu einem Löwe-Aszendenten eine Stier-Sonne in Haus 10 zu – darauf näher einzugehen, würde jedoch hier zu weit führen.
(2) Natürlich steht Scarletts Löwe-Qualität auch für die feudale Großartigkeit der Südstaatengesellschaft, deren Untergang der Film – deutlicher noch der zugrunde liegende Roman von Margaret Mitchell – darstellt.

 

© Copyright 2009 Vesna Ivković



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