Zum vierten Mal nicht totzukriegen
Am 27. Juni (Deutschland-Premiere) kehrte zwölf Jahre nach “Die Hard: With a Vengeance” John McClane zurück auf die Leinwand. Der meist widerwillige – und auch deshalb so beliebte – Held der bisherigen drei “Die Hard”-Filme war nicht nur der Startschuss für Bruce Willis’ Leinwandkarriere, sondern etablierte 1988, als muskelbepackte, unbesiegbare und sich selbst noch allzu ernst nehmende Gestalten wie Schwarzenegger oder Stallone das Genre dominierten, auch einen damals neuen Typus von Action-Star: den eher zufälligen Helden wider Willen, der sich seines Sieges keineswegs gewiss ist, der ein hohes Maß an Verletzungen und Schmerzen einstecken muss, worunter er nun auch leiden darf, und dessen – das scheint mir das wichtigste zu sein – zerbrechliches Selbstbild wir durchaus zu sehen bekommen. In der Figur John McClanes stellt sich der Action-Held der achtziger Jahre selbst in Frage und wird – so jedenfalls reflektiert er sich selbst – zum Durchschnittsmann mit Eheproblemen und einem Job, den er einfach nur gut machen will.
Männlichkeit unter Druck
Dass gerade dieser Held so viele – männliche wie weibliche – Fans fand, ist kein Zufall, verkörperte Bruce Willis als John McClane doch das vom Feminismus durch den Wolf gedrehte Männerbild inklusive der aus dieser Behandlung resultierenden Verunsicherungen für den einzelnen Mann dahinter. Der gesellschaftliche Wandel, der Ende der Achtziger in dem Ruf nach “neuen Männern” gipfelte, führte vor allem in der Generation der vor 1960 geborenen Männer zwangsläufig zu Identitätskrisen – umso dankbarer schienen sie für die Spiegelung auf der Leinwand zu sein, die, anders als sie selbst, doch noch Gelegenheit bekam, bislang als wertvoll erachtete “männliche” Eigenschaften wie Tatkraft, Durchsetzungsfähigkeit und körperliche Ausdauer unter Beweis zu stellen und daraus Anerkennung für die eigene männliche Identität zu beziehen.
Frauen wiederum liebten John McClane dafür, dass er zwar männliche Attraktivität im Sinne von körperlicher Stärke und mutiger Entschlossenheit verkörperte, dabei aber schon zu verunsichert war – und zu leidgeprüft –, um noch die Position des Herrschers zu beanspruchen.
Stoisch, stur und sexy – Stier-Mars
Die Zähigkeit, physische Ausdauer und „Unkaputtbarkeit“ bei stets sichtbarer – auch emotionaler – Leidensfähigkeit, die Willis nicht nur als John McClane auf die Leinwand bringt, sondern auch in unzähligen seiner anderen Filme – von „Last Boy Scout“ (1991) über „Last Man Standing“ (1996) und „Unbreakable“ (2000) bis zu „Sin City“ (2005) oder „16 Blocks“ (2006) – als besonderes Markenzeichen zelebriert, findet in seinem Geburtshoroskop ihre Entsprechung in einem Stier-Mars im achten Haus: Stier als am Gegebenen festhaltendes, dem Körperlichen verhaftetes Erdzeichen verleiht Bruce Wills’ Tatkraft (Mars) sowohl stoische Beharrlichkeit wie auch renitente Sturheit – und natürlich jene physische Präsenz, die ihn selbst beim Herumrobben in Luftschächten und im verdreckten Unterhemd unwiderstehlich sexy machte (es ist übrigens bemerkenswert, dass dieser sehr männlich-körperliche Sex Appeal alle Grenzen sexueller Orientierung überschreitet und auch viele Lesben zu Willis-Fans macht). Da das achte Haus neben Krisen, Sexualität und Transformationsprozessen auch für den Tod steht, entspricht die beharrliche, ja, sture Kampfkraft des Stier-Mars als „Handlungsstrategie“ in potentiell tödlichen Situationen genau dem Titel der John McClane-Filme: Die Hard – Nicht totzukriegen.
Wie bei seinem nur wenig jüngeren Kollegen und Genre-Konkurrenten Mel Gibson, spielt auch in Bruce Willis’ Horoskop das Quadrat zwischen Löwe-Pluto und Skorpion-Saturn eine mit den Torturen des männlichen Körpers verbundene Rolle: eine Mars-Saturn-Opposition beschreibt und verstärkt die schmerzhaften Prüfungen (Skorpion-Saturn) ihrer Härte und Kraft, denen sich Willis’ Figuren in so vielen Filmen ausgesetzt sehen, während der Löwe-Pluto die dramatisch effektvolle Inszenierung und Fetischisierung dieser hart geprüften, gequälten Männlichkeit symbolisiert.
Ein Mann tut was ein Mann tun muss
Ein immer mit der hartnäckig allen Torturen trotzenden physischen Präsenz verknüpfter, jedoch in eine weitere Richtung weisender Aspekt der Leinwand-Persona, die Bruce Willis im Laufe seiner nunmehr zwanzigjährigen Karriere aufbaute, ist der des Weltenretters und Märtyrers, des opferbereiten Arbeiters, der nur seine Pflicht tut (bzw. das, was er dafür hält) – hierin drücken sich seine Fische-Sonne und der Jungfrau-Aszendent gemeinsam aus. Zu den Filmen, in denen Willis die Zähigkeit und den Stoizismus seines Stier-Mars ebenso wie die – nicht etwa in Enthusiasmus oder Ideologiegläubigkeit , sondern nur in Pflichtgefühl oder im persönlichen Anstands-Begriff wurzelnde – Opferbereitschaft seiner Fische-Sonne zelebriert, gehören neben den selbstverständlichen „Die Hard“-Folgen vor allem auch „Last Boy Scout“ (hier finden wir schon im Titel den Inbegriff der Anständigkeit wie er dem Jungfrau-Aszendenten entspricht), „Pulp Fiction“ (1994) und die beunruhigende Zeitreise-Fantasie „Twelve Monkeys“ (1995).
Aber auch Luc Bessons „The Fifth Element” (1997) – ein knallbuntes SF-Märchen –, das allzu stereotyp geratene Weltuntergangsszenario „Armageddon“ (1998), der Mystery-Thriller „Unbreakable“ oder die düstere Comicverfilmung „Sin City“ boten Gelegenheit, sowohl neptunisches, selbstloses Märtyrertum wie – mehr oder weniger widerwilliges – stoisches, in traditionellem Sinne männliches und dabei doch oft auch augenzwinkerndes Heldentum zu zeigen. Manche der Figuren in den genannten Filmen lässt – selten ohne den für Willis so typischen Anflug von Selbstironie – an die Idee des „spirituellen Kriegers“ denken. Eines Kriegers, dessen „Berufung“ gerade wegen seiner zumeist überdeutlichen müden Widerwilligkeit und dem Fehlen jeglicher Ideologie glaubwürdiger und sympathischer wirkt, als es die fanatischen Gerechtigkeits- und Moralvorstellungen und der missionarische Eifer beispielsweise der Figuren Mel Gibsons zulassen.
Außenseiter, Alkoholiker und amoralischer Zyniker
Neben der Opferbereitschaft weisen etliche von Willis’ Figuren auch noch andere Entsprechungen des Fische-Zeichens auf: Das Motiv des Außenseiters – vom Beinahe-Penner über den Outlaw bis zum Psychiatrieinsassen – wird sehr deutlich ausgespielt in Filmen wie „Last Boy Scout“, „Last Man Standing“, oder „Twelve Monkeys”. Häufig findet sich damit gepaart auch Alkoholismus als eine Äußerung des neptunischen Bedürfnisses nach Ich-Auflösung in Rausch und Betäubung – noch einmal seien hier „Last Boy Scout“ und „Last Man Standing“ genannt. Auch die 2006 erschienenen Polizeifilme „Hostage“ und „16 Blocks“ greifen in der Figur des an sich selbst zerbrochenen Cops auf das Alkoholismus-Thema zurück: die Sensibilität und Durchsetzungsschwäche der Fische-Sonne ließ diese Figuren am pflichtbewussten Perfektionsanspruch und dem Wunsch des Jungfrau-Aszendenten nach einer ordentlichen, anständigen Welt scheitern und in Alkohol-betäubte Apathie verfallen. Die Filmhandlung führt hier dazu, dass sie die Zähigkeit und Kampfkraft des Stier-Mars wiederentdecken und damit ins Leben zurückfinden.
Wandelbarkeit, Ungreifbarkeit und Flüchtigkeit als eine weitere Seite der Fische-Qualität werden sichtbar in der Figur des sich perfekt tarnenden, gefährlichen Killers in „The Jackal” (1997), wo ebenso die Fähigkeit zur völligen Aufgabe persönlicher Individualität Ausdruck findet, wie die Lust an solchem „Identitätsverlust“. Dieses dem Fische-Zeichen eigene Gespür für die Fragilität des Realitätsbegriffs und seine Unschärfe wird noch klarer in den Mittelpunkt gerückt im Mysteriösen und Transzendenten, das in „The Sixth Sense“ (1999) das Hauptmotiv darstellt, in „Twelve Monkeys“ surreale Zeitreise-Szenarien bestimmt und in „Unbreakable“ zum Topos des geheimnisvollen, übermenschliche Fähigkeiten an sich entdeckenden (oder mittels eigener Glaubenskraft entwickelnden) Retters gerät.
Berührbar und doch ungerührt: cool und selbstironisch leiden...
Ohne die auffallend souveräne Gelassenheit jedoch, die Coolness, die sich in Willis Markenzeichen, dem schiefen Grinsen und dem aus zusammengekniffenen Augen belustigt forschenden Blick manifestieren, wäre all die tiefe Sensibilität und Leidensfähigkeit die sich über die Fische-Sonne ausdrückt, nicht annähernd so interessant und reizvoll. Hier wird die Qualität des Wassermann-Mondes (im 5.Haus) deutlich, der spielerisch jedem Versuch widersteht, sich ganz gleich in welcher Rolle allzu ernst zu nehmen – entweder ironische oder eisig kalte Distanz ist den meisten seiner Figuren eigen: im Innersten wissen sie alle, dass sie nur eine Rolle spielen. Eine wichtige und bemerkenswerte Ausnahme bildet hier der surrealen Experimenten ausgesetzte Gefängnis- und Psychiatrieinsasse James Cole in “Twelve Monkeys” – Terry Gilliam, der Regisseur, machte angeblich den Verzicht auf schiefes Grinsen und stechendes Augenzusammenkneifen zur Bedingung für Willis' Beteiligung an dem Film. Es wurde eine von Willis' glänzendsten Rollen – Wassermann-Mond und -Venus blieben im Hintergrund (auch der Stier-Mars wurde zurückhaltend eingesetzt) und so konnte Willis vom in Gefängnis und Psychiatrie gepeinigten Opfer über zeitliche und räumliche Desorientierung und delirierenden Wahnsinn bis zur Aufopferungsbereitschaft und transzendenten Identitätsausdehnung alle Register einer Fische-Sonne ziehen.
Doch es ist jene ironische, selten wirklich zynische, coole Distanz, die Willis’ Figuren immer wieder vor die Herausforderung stellt, eine Verbindung zu schaffen zwischen der ihnen eigenen inneren Unverbundenheit (Wassermann-Mond) und der äußeren Welt, in der sie eine Aufgabe zu erfüllen (Jungfrau-Aszendent) und eine verborgene Sehnsucht zu stillen (Fische-Sonne) haben. Und es ist diese besondere Mischung, die seit zwei Jahrzehnten manche seiner Figuren zu nun schon klassischen, in der Postmoderne angekommenen Helden und sein schiefes Grinsen so bemerkenswert unwiderstehlich macht.
© Copyright 2007 Vesna Ivković